Existenzgründung im Homeoffice
Wo schlage ich meine Zelte auf, ist eine der ersten Fragen, die Gründer beantworten müssen. Gastronomen, Händler oder Werkstätten machen sich dann auf die Suche, um geeignete Räumlichkeiten zu finden. Für Freiberufler und andere Soloselbstständige liegt die Lösung näher und kann ein Arbeitsplatz in der heimischen Wohnung der ideale und kostengünstigere Weg sein.
Laut Statistischem Bundesamt haben 2019 rund 12,9 Prozent aller Erwerbstätigen zumindest teilweise von zu Hause gearbeitet. Im vergangenen Jahr dürften sich diese Werte deutlich gesteigert haben. Der Digitalverband Bitkom geht von etwa 10 Millionen Beschäftigten aus, die dauerhaft im Homeoffice waren und weiteren 8,3 Millionen, auf die dies zumindest teilweise zutraf. Auch wenn diese Zahlen keinen dauerhaften Bestand haben werden, so ist klar, dass auch Angestellte zukünftig öfters in den eigenen vier Wänden ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen. Unabhängig von der Corona-Pandemie ist Homeoffice bei Selbstständigen deutlich verbreiteter. Laut Statistischem Bundesamt haben 2019 etwa 37,2 Prozent von ihnen ihr Büro zu Hause eingerichtet. Bei den Soloselbstständigen waren es sogar fast 50 Prozent. Sie sind damit anteilig die größte Gruppe der Heimarbeiter.
Das Homeoffice neben zahlreichen Vorteilen auch Schattenseiten hat, ist ebenfalls im vergangenen Jahr jedem klar geworden. Existenzgründer können es dennoch wagen und versuchen, die größten Stolpersteine zu umgehen.
Für wen ist die Gründung im Homeoffice geeignet?
Unabhängig von den äußerlichen Gegebenheiten ist die Unternehmensgründung zu Hause nicht für jedermann geeignet. Vor allem die Abgrenzung zwischen Arbeit- und Privatleben stellt für viele Gründer eine große Herausforderung dar. Wenn sie nicht ausreichend gelingt, dann fehlt die Zeit zur Entspannung und die Grenze zur Selbstausbeutung wird schnell überschritten. Gründer, die im Homeoffice starten, sollten also eine möglichst saubere Trennung zwischen Beruf und Freizeit sicherstellen können. Eine durchdachte Arbeitsstruktur und gute Organisation der Abläufe sind dafür eine wesentliche Voraussetzung. Wenn man dann noch loslassen kann und nicht beim Abendessen noch E-Mails beantwortet, sind die ersten Schritte getan.
Homeoffice, egal ob als Angestellter oder als Unternehmensgründer, ist ein zweischneidiges Schwert. Eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK aus dem Jahr 2019 hat zwei zentrale Aspekte festgestellt. Auf der einen Seite berichten die mehr 2.000 Befragten von einer höheren Arbeitszufriedenheit, auf der anderen Seite fühlen sie sich öfter erschöpft und leiden unter der höheren psychischen Belastung. Dafür seien vor allem Arbeiten am späten Abend oder am Wochenende verantwortlich. Dieser offensichtliche Widerspruch lässt sich aber nicht nur gut erklären, sondern, so die Einschätzung der Forscher, auch gut beseitigen. Digitale Kompetenz und die Fähigkeit zur Abgrenzung sind dabei die entscheidenden Schlüssel. Beides lässt sich in manchen Berufen gut vereinen, in anderen eher nicht. So sind Soloselbstständige in Berufen, die vor allem ein Telefon, einen PC und eine stabile Internetverbindung benötigen, ideal für die Gründung im Homeoffice.
Existenzgründung im Homeoffice erfordert:
- Selbstdisziplin
- Organisationstalent
- Fähigkeit zur Abgrenzung
- Konzentrationsfähigkeit
- Intrinsische Motivation
Gründer sollten sich also prüfen, ob sie zumindest einige der genannten Punkte erfüllen können. Der Erfolg der Selbstständigkeit in den eigenen vier Wänden hängt aber auch davon ab, wie der Arbeitstag organisiert ist. Möglichst feste Arbeitszeiten und die Einhaltung von Pausen gehören unbedingt dazu. Auch die Kleidung kann über den Erfolg mitentscheiden. So sollte die Jogginghose eher die Ausnahme sein und stattdessen ein professionelles Büro-Outfit gewählt werden, mit dem man sich auch in jedem anderen Büro sehen lassen kann. Zudem wird die innere Haltung und damit ein professionelles Mindset für einen erfolgreichen Arbeitstag durch die Kleidung mitbestimmt.
Wie sollte das Homeoffice eingerichtet sein?
Gründer, die von zu Hause ihr Unternehmen aufbauen möchten, sollten die gleichen hohen Ansprüche an das Homeoffice stellen, wie sie sie auch an ein angemietetes Büro stellen würden. Das bedeutet, die Arbeitsumgebung muss professionell organisiert sein. Eine kleine Ecke im Wohnzimmer, zwischen Regalen und Fernseher ist eher nicht geeignet. Ideal ist ein eigener Raum, aber selbst, wenn die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind, muss die Umgebung ruhiges und professionelles Arbeiten ermöglichen. Manchmal reicht schon eine andere Wandfarbe, um Teile eines Raums sichtbar abzutrennen.
Gleiches gilt auch für die technische Ausstattung. Eine bedarfsgerechte Internetverbindung und ein leistungsfähiger Computer gehören für nahezu jeden Gründer zur Grundausstattung. Der Schreibtisch sollte ausreichend groß gewählt werden und ein Bürostuhl sollte auch stundenlanges Arbeiten problemlos ermöglichen. Das wird zudem erleichtert, wenn der Arbeitsplatz mit viel Licht versorgt wird, idealerweise Tageslicht.
Existenzgründer, die umfangreichen Kundenkontakt haben, sollten noch stärker eine vollständige Trennung von Arbeitsplatz und Privatwohnung sicherstellen können. Wenn das nicht möglich ist, könnten Alternativen wie Co-Working-Spaces oder die stundenweise Anmietung von Besprechungsräumen eine Lösung sein.
Recht und Finanzen im Homeoffice
Existenzgründer, die zur Miete wohnen, sollten vor der Gründung mit ihrem Vermieter sprechen, ob eine sogenannte teilgewerbliche Nutzung in der Wohnung zulässig ist. Für Soloselbstständige, die ihr Unternehmen ohne ständigen Kundenkontakt und Mitarbeiter aufbauen, ist die Nutzung in der Regel kein Problem. Wenn allerdings an der Außenfassade ein Firmenschild angebracht werden soll, so ist die Zustimmung des Vermieters in jedem Fall erforderlich. Die Grenzen zwischen Wohnung und teilgewerblicher Nutzung, die eine Erlaubnis des Vermieters erfordert, sind manchmal schwammig und nicht immer klar umrissen. So gibt es auch keine einheitliche Rechtsprechung zum Thema. Um möglichen Problemen aus dem Weg zu gehen, sollten Gründer ihren Vermieter rechtzeitig ansprechen.
Auch die steuerliche Betrachtung der Unternehmensgründung im Homeoffice ist nicht immer ganz einfach. Der Fiskus stellt hohe Anforderungen an einen heimischen Arbeitsplatz, damit dieser bei der Steuererklärung geltend gemacht werden kann. Drei Voraussetzungen müssen mindestens erfüllt sein:
- Der Raum muss durch eine abschließbare Türe von der übrigen Wohnung abgetrennt sein.
- Das Arbeitszimmer muss zu mindestens 90 Prozent für betriebliche Zwecke genutzt werden.
- Neben dem Arbeitszimmer muss mindestens ein weiterer Wohnraum vorhanden sein.
Werden diese Voraussetzungen erfüllt, können die anteiligen Mietkosten für das Arbeitszimmer in der Steuererklärung berücksichtigt werden. Eine Vermischung mit anderen Nutzungsmöglichkeiten sollten Gründer deshalb versuchen zu vermeiden. Gleiches gilt auch für Arbeits mittel, Computer und Telefon- bzw. Internetkosten. Wenn sie deutlich und erkennbar von der privaten Nutzung getrennt sind, lassen sich die Kosten zumindest anteilig steuerlich ansetzen. Eine mindestens 10%ige gewerbliche Nutzung ist erforderlich.
Aktuell kann für die Geschäftsjahre 2020 und 2021 eine Homeoffice-Pauschale angesetzt werden. Diese wurde vom Gesetzgeber aufgrund der Corona-Pandemie eingeführt und ist zunächst bis zum Ende dieses Jahres befristet. Fünf Euro pro Tag im Homeoffice können angesetzt werden, maximal für 120 Tage, also insgesamt 600 Euro. Weil die Homeoffice-Pauschale auf die Werbungskosten angerechnet wird, wird sie erst wirksam, wenn die Kosten für den heimischen Arbeitsplatz mehr als 1.000 Euro pro Jahr ausmachen. Existenzgründer werden von der neuen Pauschale eher selten profitieren können.