Preisstrategien für Handwerker
Schon im Mittelalter wusste man: Handwerk hat goldenen Boden. Was seinerzeit Gültigkeit besaß, gilt auch heute noch. Der Bedarf an qualifizierten Handwerkern ist ungebrochen hoch, gleichzeitig haben die meisten Gewerke akute Nachwuchssorgen. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren rund 1 Millionen Betriebe in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis des handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen. Mehr als 5,5 Millionen Menschen und rund 370.000 Auszubildende waren in diesen Unternehmen tätig. Ohne Mehrwertsteuer wurden im deutschen Handwerk 2019 rund 640 Milliarden Euro umgesetzt. Existenzgründer, die sich in einem Handwerksberuf selbstständig machen wollen, scheinen mit ihrem Vorhaben also auf fruchtbaren Boden zu stoßen. Doch für einen rentablen Handwerksbetrieb sind noch andere Faktoren von Bedeutung. Besonders wichtig ist dabei die richtige Preisstrategie.
Warum die richtige Preiskalkulation so wichtig ist
Jeder Handwerker kennt vermutlich die Frage: Was soll das denn ungefähr kosten und wie vermittele ich das meinen Kunden? Die ebenso beliebte Antwort beginnt dann nicht selten mit: Pi mal Daumen ….. ungefähr. Eine für beide Seiten nur auf den ersten Blick befriedigende Lösung, denn zum einen will sich der Kunde auf den angebotenen Preis verlassen können, auf der anderen Seite sollte der Preis auch angemessen sein, also mindestens den betrieblichen Aufwand wieder einspielen. Gerade in der Gründungsphase ist die Neigung sehr hoch, neue Kunden über den Preis zu gewinnen. Es spricht nichts dagegen, solange mit dem zusätzlichen Umsatz auch die Kosten gedeckt werden und idealerweise auch schon ein Gewinn verbucht werden kann. Grundsätzlich sollten Handwerker bei ihrer Preiskalkulation die betrieblichen Kosten, die Kundenerwartung und das Preisniveau der Konkurrenz berücksichtigen.
Faktor Kosten
Die einfache Formel lautet, dass am Ende des Tages mehr in die Kasse reinkommen muss als rausgeht. In der Betriebswirtschaft spricht man von fixen und variablen Kosten, die dabei berücksichtigt werden müssen. Zu den fixen Kosten gehören alle Ausgaben, die für den Betrieb anfallen. Das sind in erster Linie die Personalkosten inklusive des Unternehmerlohns, Aufwendungen für Miete, Fahrzeuge, Versicherungen, Werkzeug sowie alle Aufwendungen für Büro und Verwaltung. Aus der Summe dieser festen Kosten lässt sich ein Stundenverrechnungssatz ermitteln. Der ergibt sich aus der Addition aller fixen Kosten, geteilt durch die Summe der fakturierbaren Arbeitsstunden, also den Arbeitsstunden, die tatsächlich in Rechnung gestellt werden können. Der so ermittelte Stundensatz, in dem neben den Gemeinkosten alle Lohnkosten und Lohnnebenkosten berücksichtigt sind, stellt quasi die Untergrenze dar, unterhalb derer ein Betrieb nicht mehr rentabel arbeitet.
Zu den variablen Kosten zählen alle auftragsbezogenen Aufwendungen wie beispielsweise der Einkauf von Material. Für die Preisgestaltung müssen beide Positionen berücksichtigt werden.
Faktor Kunden
Im Gespräch mit ihren Kunden befinden sich Handwerker oft in einem Dilemma. Sie benötigen Aufträge und wollen vernünftige Arbeit abliefern. Doch die hat ihren Preis. Mit Preisen zwischen 40 und 60 Euro pro Stunde muss in den meisten Gewerken kalkuliert werden, dabei ist die Umsatzsteuer noch nicht berücksichtigt. Auch wenn der Handwerksbetrieb damit nur seine Kosten decken kann, erscheinen diese Preise den Kunden oft zu hoch. Die Handwerkskammern empfehlen deshalb, die kalkulierten Preise möglichst transparent zu gestalten und den Kunden zu erläutern. Meist würden sie damit auf Verständnis stoßen, so die Erfahrung der Kammern. Ansonsten sollten Handwerker lieber auf Aufträge verzichten, mit denen die Kosten nicht gedeckt werden können. Handwerker sind gut beraten, stabile Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen. Dabei hilft eine transparente Preisgestaltung und natürlich die fachgerechte Ausführung der beauftragten Arbeiten. Wird die Qualität der Arbeit von den Kunden gewürdigt, dann sind meist auch gut kalkulierte Preise kein Problem mehr. Eines sollten Handwerker nicht vergessen, Kaufentscheidungen werden von Menschen getroffen. Neben allen objektiven Kriterien spielen dabei immer auch die menschliche Aspekte wie zugewiesene Fachkompetenz und nicht zuletzt auch Sympathie eine bedeutende Rolle.
Faktor Konkurrenz
Natürlich befinden sich auch Handwerker im Wettbewerb nicht selten mit Anbietern, die scheinbar jeden Preis unterbieten können. An einem solchen Unterbietungswettbewerb sollten sich Handwerker gerade in der Anfangsphase nicht beteiligen. Vielmehr sollten sie sich mit fachlicher Expertise und erkennbaren Zusatznutzen profilieren. Das kann der exklusive Vertrieb zum Gewerk passender Marken sein, beispielsweise bei einem Installateur, die Zusammenarbeit mit dem Küchenhandel für einen Schreiner oder der Umgang mit Naturfarben für einen Malermeister. Das können aber auch spezielle Zusatzqualifikationen sein, mit denen Arbeiten angeboten werden können, die vom Wettbewerb nicht abgedeckt werden, etwa wenn Heizungsmonteure auch Solaranlagen warten können. Je erkennbarer der Zusatznutzen für die Kunden ist, umso unabhängiger macht sich der Handwerker von seinen Mitbewerbern. Wenn dann am Ende doch um den Preis für einen Auftrag gefeilscht wird, dann können Handwerker auch mit Rabatten arbeiten. Diese müssen allerdings so gewährt werden, dass nicht die gesamte Kalkulation gefährdet wird. Deshalb sollten Handwerker sehr sorgfältig Rabatte einsetzen und diese keinesfalls als selbstverständlichen Bestandteil in ihrer Kundenakquise nutzen.
Sonderfall öffentliche Aufträge für Handwerker
Wenn die Auftragsbücher gut gefüllt sind, dann verzichten die meisten Handwerker auf die Teilnahme an Ausschreibungen der öffentlichen Hand. Vielen ist der Verwaltungsaufwand für die Angebotserstellung zu hoch und dass bei ungewissem Ausgang der Ausschreibung. In Einzelfällen, vor allem bei kleineren Ausschreibungen mit überschaubaren Losen, kann sich die Teilnahme allerdings trotzdem rechnen. Müssen beispielsweise in einem Schulgebäude Türen repariert werden, kann ein solcher Auftrag für den örtlichen Schreiner von Vorteil sein. Schwierig wird es, wenn er für das Angebot erst mal Dutzende (in Einzelfällen auch Hunderte) Seiten Ausschreibungstext durcharbeiten muss. Steht der Verwaltungsaufwand in einem ungünstigen Verhältnis zum möglichen Umsatz rsp. Gewinn, lohnt es sich nicht, an der Ausschreibung teilzunehmen, zumal öffentliche Aufträge meist an den billigsten Anbieter vergeben werden.
Wie lassen sich Fehler bei der Preisgestaltung vermeiden?
Genauigkeit schlägt Schätzung. Auf diese einfache Formel lässt sich die Preisgestaltung nicht nur für Handwerker bringen. Damit ist gemeint, dass alle relevanten Informationen für die Preisgestaltung aktuell und vorhanden sein müssen. So sollten Handwerker möglichst einmal im Jahr ihre in der Kalkulation angesetzten Kosten überprüfen und anpassen. Haben sich etwa Gehälter und Lohnnebenkosten geändert? Sind die Beschaffungskosten für Materialien gestiegen? Ist der kalkulatorische Unternehmerlohn richtig angesetzt (schließlich ändern sich auch die Ausgaben der privaten Lebensführung)? Wurde die Miete erhöht? Sind die Prämien der Versicherung gestiegen? Ist die aktuelle Entwicklung der Inflation berücksichtigt? Schon an dieser kleinen Übersicht lässt sich erahnen, an wie vielen Stellen Ausgaben steigen können. Jede einzelne Position mag nur gering ausfallen, in Summe können sie das Ergebnis belasten, wenn die Änderungen nicht in der Kalkulation berücksichtigt werden.
Natürlich lassen sich die Kosten nicht immer unbegrenzt weitergeben. Liegt der Stundenverrechnungssatz deutlich über dem Wettbewerb, sind die Kosten für den Betrieb möglicherweise zu hoch. Dann sollte die Kostenseite optimiert werden, beispielsweise in dem die Beschaffungsquellen überdacht werden, um wieder marktfähige Preise zu erzielen.
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