Warum Handwerker gründen – zwei Praxisbeispiele

In der Küche tropft schon seit Tagen der Wasserhahn. Mit dem Griff zum Telefon ist der nächste Installateur schnell erreicht, doch dann beginnt das lange Warten. Die Auftragsbücher der meisten Handwerker sind voll, viele können sich vor Aufträgen kaum retten. Sie suchen händeringend Mitarbeiter oder Auszubildende, doch die sind kaum zu finden.

Also ideale Voraussetzungen für Handwerker, die sich mit ihrem Gewerk selbstständig machen wollen? Immerhin sagt ja auch der Volksmund dem Handwerk einen goldenen Boden nach. Tatsächlich scheinen die Zeiten ideal zu sein, für Handwerker, die sich in einem eigenen Unternehmen verwirklichen wollen. Ein paar Hürden müssen auf dem Weg in die Selbstständigkeit allerdings beseitigt werden.

Wirtschaftsfaktor Handwerk

Das Handwerk in seiner Gesamtheit ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber in Deutschland. In den über eine Millionen Handwerksbetrieben hierzulande werden mehr als 5,5 Millionen Menschen beschäftigt, darunter fast 370.000 Auszubildende (In den 1990er-Jahren waren es noch mehr als 600.000  Azubis). Und es könnten noch viel mehr sein. Viele Handwerksbetriebe plagen Nachwuchssorgen. Es fehlt an Mitarbeitern und Auszubildenden, aber auch an Nachfolgern für bereits existierende Betriebe. Das Interesse, einen handwerklichen Beruf zu erlernen, ist in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen. Auch die Imagekampagnen von Kammern und Verbänden konnten diesen Trend nicht wirksam unterbrechen. Allerdings sind nicht alle Gewerke gleichermaßen betroffen. Während es für Bäcker kaum möglich ist, einen Auszubildenden zu finden, haben Friseure oder Kfz-Werkstätten zumindest hin und wieder einen Bewerber. Hinzu kommt die fehlende Nachfolge in zahlreichen Betrieben. Für rund 180.000 Betriebe wird eine geeigneter Nachfolger gesucht. Eine schwierige Situation, denn kann der Betrieb nicht übergeben werden, droht die Schließung und damit auch der Verlust weiterer Arbeitsplätze.

Als Grund für den Fachkräftemangel im Handwerk wird häufig das schlechte Image genannt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn im Berufsprestige-Ranking des Meinungsforschungsinstituts Allensbach schneiden Handwerker gut ab. Eine solide Ausbildung und fachmännische Arbeit wird von den meisten Bundesbürgern geschätzt. Allerdings gibt es unter jungen Menschen eine zunehmende Tendenz eher ein Studium aufzunehmen, als ein Handwerk zu lernen. Der Anteil der Abiturienten unter den Auszubildenden im Handwerk nimmt immer weiter ab. Ein Problem ist die oftmals schlechtere Bezahlung gegenüber anderen Berufen und fehlende Entwicklungsmöglichkeiten.

Mehr Einkommen und Selbstverwirklichung als Gründungsmotiv

Das war auch ein Grund für Romeo Donzal, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen. Er hat im September 2019 seine Kfz-Werkstatt CarPoint zusammen mit einem Partner gegründet. „Ich habe immer viel gearbeitet“, sagt er, „aber dafür nur wenig Anerkennung erfahren.“ Als gelernter Automechaniker hatte er bereits vielfältige Erfahrungen in der Branche sammeln können, zuletzt auch in leitender Position. Da fiel die Entscheidung nicht mehr schwer, den nächsten Schritt zu gehen und das eigene Unternehmen zu gründen.  

Ein höheres Einkommen und Selbstverwirklichung sind tatsächlich die häufigsten Gründe für eine Unternehmensgründung im Handwerk. Auch Tobias Ramachers war mit seiner beruflichen Situation unzufrieden, als er den Entschluss fasste, mit einem eigenen Malerbetrieb durchzustarten. „Ich wollte schon immer selbstständig arbeiten“, sagt er. „Meine berufliche Situation war dann nur noch der Auslöser“. Zuvor hatte er bereits seine Ausbildung zum Malermeister abgeschlossen und damit die Voraussetzung geschaffen. Seit August ist sein Malerbetrieb nun offiziell eröffnet und erfolgreich angelaufen. Tobias Ramachers ist zufrieden und hat seine Entscheidung nicht eine Sekunde bereut.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Existenzgründung im Handwerk erfüllt werden?

Ist der Entschluss zur Gründung erst mal gefasst, muss die Frage nach den gesetzlichen Anforderungen beantwortet werden. In Deutschland besteht für einen großen Teil der Gewerke eine Meisterpflicht oder bestimmte Zulassungsvoraussetzungen. Maßgeblich für die Einordnung ist die jeweils gültige Handwerksordnung. Sie unterscheidet zwischen zulassungsfreien Handwerksberufen (z.B. Schumacher), handwerksähnlichen Gewerben (z.B. Bodenleger) und den zulassungspflichtigen Berufen (z.B. Dachdecker). Alle Gewerke erfordern zum Zeitpunkt der Gründung die Eintragung in das entsprechende Verzeichnis der Handwerksrolle bei der zuständigen Handwerkskammer. Für die zulassungsfreien und handwerksähnlichen Berufe sind dafür keine weiteren Voraussetzungen nachzuweisen. Für die zulassungspflichtigen Gewerke muss der Gründer einen Meisterbrief vorlegen können oder einen Betriebsleiter mit Meisterbrief beschäftigen. In einigen zulassungspflichtigen Handwerksberufen sind allerdings auch Ausnahmen möglich. Das kann ein Ingenieursstudium sein oder die sogenannte Altgesellenregelung. Dafür sind ein Gesellenbrief und eine mindestens sechsjährige Berufserfahrung  erforderlich, davon vier Jahre in leitender Position.

Die Meisterpflicht wie wir sie heute kennen, wurde 1953 offiziell in Deutschland eingeführt, auch wenn die wechselvolle Geschichte der Zulassungsbeschränkung im Handwerk bis ins Mittelalter zurückreicht. Im Zuge der „Agenda 2010“ wurde im Jahr 2004 die Liste der zulassungspflichtigen Gewerke von 94 auf 41 reduziert. Eine umstrittene Entscheidung, die immer wieder zu politischen Kontroversen geführt hat. Anfang 2020 wurde dann für 12 Handwerksberufe die Meisterpflicht wieder eingeführt, sodass heute 53 Gewerke von der Zulassungspflicht betroffen sind.

Klappern gehört zum Handwerk

Sind die formalen Voraussetzungen geklärt, müssen sich auch Existenzgründer im Handwerk mit der Erstellung eines Konzepts und eines Businessplans beschäftigen. Eine große Hürde für viele junge Unternehmer, die zwar Spezialisten in ihrem Handwerk sind, sich aber weniger mit betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen beschäftigen. Deshalb haben Romeo Donzal und Tobias Ramachers eine Gründungsberatung in Anspruch genommen. „Das war sehr wertvoll“, sagt Romeo Donzal, „denn es gibt in der Gründungsphase vieles zu beachten, dabei kann man schnell den Überblick verlieren.“ Zwar benötigte Donzal keine Gründungsfinanzierung und hat seinen CarPoint mit privaten Mitteln bestreiten können, der Businessplan hat ihm aber einen Rahmen vorgegeben, an dem er sich orientieren konnte. „Es ist toll zu sehen, wenn die Planung dann auch aufgeht.“ Inzwischen hat sich seine Kfz-Werkstatt etabliert und er sucht bereits weitere Mitarbeiter. „Wir haben Unmengen Arbeit und könnten dringend Unterstützung gebrauchen.“ Doch trotz intensiver Suche wurde er bislang nicht fündig.

Ganz ähnliche Erfahrungen hat auch Tobias Ramachers gemacht. Durch seine Ausbildung zum Malermeister hatte er zwar das Rüstzeug zur Unternehmensführung gelernt, die Unterstützung durch erfahrene Berater möchte er dennoch nicht missen. Schließlich müssen auch Handwerker ihre Kunden finden. „Dafür war die Gründungsberatung sehr hilfreich“, sagt Tobias Ramachers. „Die ersten Kunden kamen noch aus dem Bekanntenkreis, aber inzwischen kommen immer mehr Anfragen über meine Webseite.“ Dann gilt es den richtigen Preis zu finden, mit dem das Unternehmen am Markt bestehen kann und gleichzeitig genug Umsatz erwirtschaftet. „Ich versuche mich immer im Mittelfeld zu positionieren“, sagt er und hat damit in den ersten Monaten bereits gute Erfahrungen gesammelt. Einen zusätzlichen Mitarbeiter will er aber noch nicht einstellen. „Dafür will ich mir noch etwas Zeit lassen, in 1 oder 2 Jahren kann ich mir das aber vorstellen.“

Erfolg trotz Corona

Romeo Donzal und Tobias Ramachers sind zwei Gründer, die in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage dennoch den Schritt zum eigenen Unternehmen gewagt haben. Und beide wurden dafür belohnt. „Wir haben die Corona-Krise überhaupt nicht gespürt“, sagt Romeo Donzal. „Sicher auch deshalb, weil Kfz-Werkstätten nicht unmittelbar betroffen waren.“ Tobias Ramachers hat sein Unternehmen sogar mitten in der Pandemie gegründet, ohne negative Auswirkungen. „Im Gegenteil“, sagt er. „Viele Kunden haben ihre Budgets für den ausgefallenen Urlaub nun für Renovierungsarbeiten ausgegeben.“ So verwundert es nicht, wenn beide Gründer ihre Kollegen, die mit einem eigenen Unternehmen liebäugeln, ermutigen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. „Allerdings“, so gibt Romeo Donzal zu bedenken, „sollten sie erstmal genügend Erfahrungen in ihrem Handwerk sammeln.“ Das kann auch über eine nebenberufliche Gründung gelingen (Worauf dabei zu achten ist, haben wir im Blogbeitrag „Sprung ins warme Wasser – Nebenberuflich ein Unternehmen gründen“ behandelt).

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